Ethnien in Simbabwe

Wie fast alle afrikanischen Länder ist auch Simbabwe ein Vielvölkerstaat. Die San, die eigentlichen Ureinwohner des Landes, wurden durch aus dem Norden kommende Völker der Bantu vertrieben und leben heute, in ihrer traditionellen Lebensweise in den an Simbabwe grenzenden Ländern Botswana und Südafrika.

Manche der aus dem Norden eingewanderten Bantu-Völker haben nach ihrer Ankunft verschiedene Reiche gegründet und dabei andere Völker unterdrückt oder assimiliert. Die heutige Verteilung der Bevölkerung im Land geht jedoch nicht mehr auf diese Reiche und deren Grenzen zurück, sondern wurde durch die Schaffung von Reservaten ab dem Jahr 1931 wesentlich umstrukturiert.

Zwei große ethnische Gruppen und wenige Europäer

Simbabwe kann grob in zwei große Bevölkerungsgruppen eingeteilt werden, zu denen wiederum unterschiedliche Untergruppen eingegliedert sind. Der größte Teil der Bevölkerung wird von den Shona gestellt (ca. 70 %). Daneben spielen die Ndebele mit 13 % des Bevölkerungsanteils eine nicht unwesentliche Rolle. Schätzungsweise weniger als 20.000 Europäer leben heute noch im Land – diese Zahl ist allerdings weiter fallend, da durch die Landreform und die Verfolgung weißer Farmer der Anteil der Europäer in den letzten Jahren sehr stark zurückgegangen ist.

Die Ethnie der Shona

Die Gruppen der Shona leben vor allem im zentralen Hochland sowie in den östlichen Landesteilen Simbabwes. Der Sammelbegriff Shona wurde erst zu Beginn der Kolonialzeit eingeführt, um eine Gruppe mit ähnlich kulturellen Gemeinsamkeiten von den Ndebele abzugrenzen. Der Name geht auf die Fremdbezeichnung durch die Ndebele zurück und kann von dem Wort mashonalanga („westlich von uns lebend“) abgeleitet werden.

Die sogenannten Shona waren einer Gemeinschaft ähnlich, da sie aus unterschiedlichen, lose verwandten Bantu-Kleingruppen bestanden. Innerhalb des Selbstverständnisses der Shona, bildete sich das eigene Gemeinschaftsverständnis erst im Laufe des 20. Jahrhunderts heraus.

Es bestehen allerdings weiterhin unterschiedliche Dialekte und jeweils gesellschaftliche Besonderheiten, die das kulturelle Gedächtnis in der Gegenwart aufrechterhalten. Traditionell betreiben alle Shona-Gruppen Ackerbau und Viehzucht aber auch die kunsthandwerkliche und musische Begabung eint die Völker. Die Shona bestehen aus den Gruppen der  Karanga  (29%), Zezuru  (23%), Korekore (16%), Manyika (17%), Rozwi (11%) und Ndau (4%). Während die Ndau zum größten Teil im Nachbarland Mosambik beheimatet sind, leben alle anderen Shona-Gruppen in Simbabwe.

Die soziale Organisation der Shona ist denen anderer Bantu-Gruppen gleich. In den Reichen gibt es in Simbabwe kein Königtum mehr – an der Spitze eines Stammes oder Clans steht  ein Häuptling. Er trägt die Verantwortung für viele, im Clan zusammen lebende Großfamilien. Eine große Rolle im Leben der Shona spielen spirituelle Medien, wie die „svikiro“, die als Medium für Kommunikation mit den Häuptlings- (mhondoro) und/oder Familienahnen (vadzimu) fungieren. Als Medium können sie für Regen, Fruchtbarkeit oder auch militärische Siege garantieren. Der Kontakt zu den svikiro geschieht über die Trance.

Ein weiteres ethnografisches Merkmal der Shona ist der Totemglaube. Jeder Shona verfügt über ein“mutotp“ genanntes Totem, welches über die Linie des Vaters (patrilinear) vererbt wird und auch als Klantotem angesehen wird. Meist sind die Totem in der Natur zu finden und können ein Tier oder eine Pflanze darstellen, deren Verzehr für den jeweiligen Totemträger verboten ist.

Totems sind identitätstiftend und schützen den Träger eines solchen vor Unheil und Gefahren. Bei den Shona darf nur aus der Totemfamilie heraus geheiratet werden – eine Heirat bei gleichem Totem gilt als Inzucht, auch wenn keine direkte Blutsverwandtschaft nachweisbar ist.

Die Traditionelle Großfamilie lebt in strohgedeckten Rundhütten aus Holzpfählen, die zum Schutz von Steinwällen umgeben sind. Sie betreiben Wanderhackbau und züchten meist Rinder, die auch eine nicht unwesentliche Rolle als Statussymbol und Zahlungsmittel spielen.

Mit Felszeichnungen und UNESCO-Weltkulturerbe auf den Spuren des alten Simbabwes!

Die Ethnie der Ndebele (Amandebele)

Die zweitgrößte Volksgruppe (13%) des Landes besitzt eine kriegerische Vergangenheit, die mit der Geschichte Südafrikas zusammenhängt. Allein ihr Name bedeutet übersetzt „Menschen mit den langen Schilden“ und verweist damit direkt auf einen kriegerischen Gegenstand. Die Ndebele sind eng mit den Zulu Südafrikas verwandt und haben deren Wehrsystem übernommen: jeder junge Mann musste bis zu seinem 30. Lebensjahr unverheiratet bleiben und der großen Armee als Soldat dienen.

Als Krieger waren die Ndebele gefürchtete Gegner: meist waren sie wegen ihrer kurzen Speere und der langen Lederschilde ihren Gegnern im Nahkampf überlegen. Als solche Krieger und Besatzer kamen sie unter ihrem Führer Mizilikazi in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts von Natal, heute Südafrika, nach Simbabwe, verleibten sich das untergehende Rozwi-Reich ein und standen ab diesem Zeitpunkt in Auseinandersetzung mit den Shona und den Briten.

Nach ihrer Niederlage gegen die Briten im Jahre 1897 wurden sie gezwungen, das Wehrsystem und die Monarchie abzuschaffen. Seitdem bewohnen sie die südwestlichen Landesteile in Nord- und Südmatabeleland. Die politische Organisation ähnelte der des Zulu-Staates und schuf auch eine ähnliche Gesellschaftsordnung.

Die höchste Schicht, etwa 15% nannte sich „Zanzi“ und leitete ihre Herkunft aus Natal-Nguni ab. Die mittleren, auch „Nhla“ genannten 25%, bestanden aus einverleibten Sotho und Tswana und der größte Teil der Bevölkerung bildete die unterste Schicht, die „Holi“, die ca. 60% ausmachte und aus unterworfenen Shona-Gruppen bestand.

Von den Shona wurden die Ndebele in Bezug auf ihre Religion inspiriert und übernahmen deren Ahnen– (amadlozi) und Totemkult (chidau). Auch der heiligen Sprache chiShona, zur Verwendung bei Riten und Zeremonien, haben sie sich angenommen. Im alltäglichen Gebrauch ist diese jedoch nicht zu finden.

Die Ndebele können in zwei unterschiedliche Gruppen eingeteilt werden: die Kalanga und die Matabele. Die Matabele siedeln im Matabeleland in der Gegend um Bulawayo und werden zu der Nguni-Sprachgruppe gezählt. Ihre Sprache besitzt die für die Kalahari-Bewohner typischen Klick- und Schnalzlaute, mit denen die Matabele aller Voraussicht nach in Kontakt kam. Bei dieser Gruppe lässt sich die typisch hierarchische Organisation wieder finden.

Die Kalanga (Volk der Sonne) leben hauptsächlich im Nordwesten des Landes und sprechen Ikalanga. Ihr ehemaliges Königreich Butwa befand sich im heutigen Botswana und kontrollierte über Jahrhunderte den Gold- und Salzhandel in der Region. Auf simbabwischem Territorium siedelten die Kalanga erstmals in der Region um Matobo, bevor sie von den Ndebele assimiliert wurden.

Weitere kleine Ethnien in Simbabwe

Neben den grossen Volksgruppen der Shona und Ndebele leben in Simbabwe noch einige andere Ethnien, die allerdings zahlenmässig nur gering ins Gewicht fallen.

Die Tonga leben zu beiden Seiten des Sambesi, nehmen jedoch den meisten Raum im Nachbarstaat Sambia ein. Im Gegensatz zu wohl allen anderen Ethnien Simbabwes hatten die Tonga, durch ihre abgelegene Siedlungsgebiete, den wenigsten Kontakt mit weißen Siedlern und der westlichen Zivilisation, wodurch sie sich ihre traditionelle Lebensweise bewahrt haben.

Da die Tonga ein sehr friedliebendes Volk sind, werden sie von manchen Shona-Gruppen als Streitschlichter um Hilfe gebeten. Sie sind hervorragende Jäger und Fischer, matrilinear in Clans organisiert (Vererbung von Totem, Clanzugehörigkeit und Besitz innerhalb der Mutterlinie) und kennen keine höhere Organisationsform.

Sie leben meist in festen Hütten, die mit feinen Schnitzereien verziert sind. Bekannt sind die Tonga für die äußerst brutale Initiationszeremonie bei den Mädchen. Bei diesem Ritus werden den jungen Frauen sechs obere Zähne heraus gebrochen (Schneidezahnextraktion). Dies symbolisiert den Übergang vom Mädchen- und Kinderalter zur reifen Frau.

Die Venda sind ein kleines Volk, das mit den Shona verwandt ist und einst aus dem Mashonoaland heraus in den Süden wanderte, spricht die dem Völkchen eigene Venda-Sprache. Heute leben die Venda an der simbabwesch-südafrikanischen Grenze. In der sozialen Hierarchie der Städte stehen sie an letzter Stelle – bei der Vergabe von Arbeitsplätzen oder auch Wohnraum haben vor allem Shona oder Ndebele Vorrang.

Neben den vielen Riten und Bräuchen machte vor allem der ekstatische und stundenlange Schlangentanz, der domba, die Venda bekannt. Auch dieser Ritus gilt der Initiationszeremonie der Mädchen und stellt deren Höhepunkt dar. Bei der Initiation der Jungen haben die Venda die Beschneidung der arabischen Händler und Kaufleute übernommen.

Die vielen anderen Ethnien des Landes, wie die Chewa, Sotho, Tswana, Lilima und Chikunda spielen in Simbabwe eine eher untergeordnete Rolle, da die Mehrheit ihrer Völker in den Nachbarstaaten leben.  Die Sotho leben am Zusammenfluss von Shashe und Limpopo im Süden des Landes und stehen in engem Kontakt zu ihren Verwandten in Südafrika.  Lilima  und  Tswana  leben an der Grenze zu Botswana und die Chikundubewohnen Gebiete im Norden, an der Grenze zu Mosambik. Die Chewa wiederum sind mehrheitlich in Malawi zu finden.

Die Kalanga (Volk der Sonne) leben hauptsächlich im Nordwesten des Landes und sprechen Ikalanga. Ihr ehemaliges Königreich Butwa befand sich im heutigen Botswana und kontrollierte über Jahrhunderte den Gold- und Salzhandel in der Region. Auf simbabwischem Territorium siedelten die Kalanga erstmals in der Region um Matobo, bevor sie von den Ndebele assimiliert wurden.